Bewegliche Formate

Arbeiten eines volkskundlich-informierten Lehrers

Promotionsvorhaben in Anbindung an das DFG-Projekt „Wissenschaft und Landeskultur: Volkskundliches Wissen im staatlichen Reorganisationsprozess (Baden-Württemberg 1952-1977)“ unter der Leitung von Prof. Dr. Bernhard Tschofen und Dr. Lioba Keller-Drescher.

Doktorantin: Carmen Palm, M.A.

Das Forschungsvorhaben untersucht Arbeiten von Eugen Sauter, einem Lehrer, der heute insbesondere für seine in Bildbänden veröffentlichten Fotoserien des dörflichen Alltags der 1950er- und 1960er-Jahre bekannt ist. Der systematischen fotografischen Dokumentation eines Dorfes auf der Ulmer Alb vorausgehend bzw. diese begleitend, stand der Lehrer im fachlichen Austausch mit Helmut Dölker, dem Leiter des damaligen Ludwig-Uhland-Instituts für Volkskunde in Tübingen. Den Anregungen Dölkers folgend, fertigte er eine beispielgebende Flurnamensammlung des Albdorfes an und belegte mit dieser und weiteren volkskundlichen Arbeiten seine Kenntnis und Fertigkeit im Umgang mit volkskundlichen Wissensordnungen und Wissensformaten.

Die schriftlichen und vor allem die fotografischen Arbeiten Sauters fanden in der Zeit ihrer Entstehung Resonanz im Fach und setzten Impulse am Ludwig-Uhland-Institut. Lehrer und Fach standen somit in einem einander wechselseitig beeinflussenden Austausch – diesen zu erforschen, darauf zielen die zentralen Fragestellungen der projektierten Untersuchung, die Sauter als Vertreter eines heimatkundlich forschenden Lehrermilieus betrachtet.

Dazu werden die jeweiligen Anteile beider Seiten an der Entstehung der Arbeiten, die wissenschaftlichen Standards der Zeit und der innovative Eigensinn des Lehrers freigelegt. Sauters Arbeiten sind dabei die primäre und bislang unerforschte Quelle. Die universitäre Seite der wechselseitigen Einwirkungen ist zu bestimmen, indem die zeitgeschichtlichen Arbeitsweisen des Instituts und seiner Vertreter gesichtet werden. Darüber hinaus geben Korrespondenzen Einblick in den regen Austausch und in die stete Verhandlung akademisch legitimierter Wissensproduktion.

Neben dem innerfachlichen Austausch wird verfolgt, welche Anschlussfähigkeiten insbesondere seine Fotoarbeiten bis heute zeitigen und damit in Fortsetzung eines innerfachlichen Wissenstransfers ein Wissenstransfer mit weiteren Öffentlichkeiten zustande kam und kommt.

Dabei wendet die Arbeit vorrangig die Methode der historischen Ethnografie und Fragestellungen und Konzepte des Forschungsverbundes „Volkskundliches Wissen und gesellschaftlicher Wissenstransfer: zur Produktion kultureller Wissensformate im 20. Jahrhundert“ an.

Die Zielsetzungen beschreiben in Ergänzung zum Bisherigen ein Desiderat, das in der Verbindung von Wissensproduktion und Wissenstransfer und in der Verhandlung und Verwertung von volkskundlichen Wissensformaten durch die anwendenden Akteure liegt und die Wissensbestände damit als „bewegliche Formate“ analysieren will.